DEVISMES, Pierre Alphonse – Statistique de la Province d’Erfurth. Année 1810. Erfurt, 1810. Gr.-Fol. [46,5 x 35 cm], 2 Bl., 25 doppelblattgroße Tafeln (Tabellen) und 12 doppelblattgroße (1 mehrfach gefalt.) kolorierte Manuskript-Karten von Johann Georg Wendel. Roter original Leder-Einband mit Deckelschild sowie Deckel- und Rückenvergoldung.

Eines der bedeutendsten Dokumente der französischen Fremdherrschaft in Erfurt.

Höchst bedeutendes original Manuskript der berüchtigten Statistik des Fürstentums Erfurt, welche unter der Fremdherrschaft der Franzosen und im Auftrag des damaligen Generalintendants Jacques-Pierre Orillard de Villemanzy (1751-1830) von Pierre Alphonse Devismes (1776-1859) angefertigt wurde. Bisher waren nur einzelne Exemplare einer Druckausgabe aus dem Jahre 1811 bekannt, welche bei Heinrich Knick gedruckt wurde. Das Manuskript dürfte die Vorlage für die besagte Druckausgabe sein und ist nur in einem (vorliegendem) Exemplar bekannt. Im Pariser Exemplar des Druckes von 1811 sind ebenfalls 12 Karten enthalten, ob es sich bei diesen um Drucke oder ebenfalls um Manuskript-Karten handelt, konnten wir jedoch anhand der Katalogaufnahme nicht feststellen. Bei den wenigen in deutschen Bibliotheken befindlichen Exemplaren sind keine Karten über KVK angegeben. Der teils dort angebene Umfang von 62 Bl. lässt diesbezüglich ebenfalls keine näheren Schlüsse zu. Inwieweit vorliegendes Manuskript von der Druckausgabe abweicht, konnten wir aufgrund fehlender Digitalisate ebenfalls nicht ermitteln.

Die Handschrift enthält folgende Manuskript-Karten (inkl. Bildmaße):

1) „Le Baillage de Mühlberg“ (35,8 x 43,4 cm);
2) „Baillage de Vargula“ (34 x 44,4 cm);
3) „Le Baillage de Sömmerda et Vippach“ (35,7 x 43 cm);
4) „Baillage de Gispersleben“ (35,6 x 41,5 cm);
5) „Baillage de Alach“ (35,8 x 40,8 cm);
6) „Baillage de la Ville“ (34,4 x 44 cm);
7) „Baillage de Tonndorf“ (33,1 x 43,3 cm);
8) „Baillage d’Atzmansdorf“ (36 x 43,3 cm);
9) „La Baronie d’Isseroda et de Village de Hain appartenant au Grand Hopital“ (34,4 x 43,4 cm);
10) „Comte de Blankenhayn“ (35,1 x 44,5 cm);
11) „Pais appartenants au Comte de Blankenhayn“ (34,6 x 42 cm);
12) „Carte de la Principaute d’Erfurt & du Comte de Blankenhayn“ (56 x 66 cm).

Die große Erfurt Karte ist signiert „corriger et dessin p. J.G. Wendel“.

Johann Georg Wendel (1754-1834) war ein deutscher Mathematiker, Maler, Kupferstecher und Pädagoge. Im Jahre 1785 wurde er Professor an der Zeichenschule in Frankfurt am Main. Später ließ er sich in Erfurt nieder. Er schuf mehrere Karten und Ansichten von Erfurt und seiner Umgebung und ist der Verfasser des Werkes „Kurze Nachricht von Schnepfenthal und der dasigen Gegend: zur Erläuterung der beyden Prospecte und der Landcharte“ (erschienen 1794 und 1799).

Der Textteil gliedert sich in folgende Abschnitte:

A) „Designation de la position geographique avec la description des pays composant le
Gouvernement d’Erfurt et Blankenhayn“;
B) „Nombre de villes, bourgs et villages“;
C) „Nombre, Designation et Revenus des monasteres et Corporations religieuses
D) Population“;
E) „Nature du Sol, Agriculture et productions indigenes“;
F) „Exploitation et Rapport des mines, salines, usines“;
G) „Industrie et Manufactures“;
H) „Rapports commerciaux“;
J) „Navigation et communication interieure et exterieure“;
K) „Revenus domaniaux“;
L) „Sciences et Arts, Induction publique. Hopitaux, Maisons de charité“;
M) „Organisation de l’Administration civile et judiciaire“;
N) „Cadastre des Recettes et Dépenses annuelles“.

Nach Napoleons Sieg in der Schlacht bei Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806, wurde Erfurt Ende Oktober offiziell vom französischen Kaiser dekretiert. Am 4. August 1807 wird das Erfurter Gebiet zu einem Fürstentum erklärt. Napoleon ist nun oberster Landesherr. Das Fürstentum Erfurt überdauerte jedoch nur ca. 7 Jahre. Nach der französischen Niederlage in der Völkerschlacht bei Leipzig wurde Erfurt im Oktober 1813 von preußischen, österreichischen und russischen Truppen belagert. Nach einem abgeschlossenen Waffenstillstand rückten diese dann im Januar 1814 in die Stadt ein. Auf dem Wiener Kongress von 1815 wurde Erfurt Preußen zugesprochen und wurde Hauptstadt des neu geschaffenen Regierungsbezirks Erfurt in der Provinz Sachsen.

Vorliegendes Manuskript ist eines der bedeutendsten Dokumente der französischen Fremdherrschaft in Erfurt. Es beinhaltet eine Fülle von wichtigen landeskundlichen Informationen. Zusätzlichen historischen und künstlerischen Wert erhält die Handschrift durch die ihr beigegebenen zwölf Manuskript-Karten von Johann Georg Wendel, welche eine detaillierte Aufnahme des Erfurter Gebietes zur Zeit der französischen Fremdherrschaft aufzeigen.

Ein für die Erfurter Stadtgeschichte höchst bedeutendes Dokument.

Berieben, oberes Kapital rückseitig mit Fraßspuren (?); innen sehr gut erhalten.

Bibliographie: Heinrich Luden – Nemesis. Zeitschrift für Politik und Geschichte. 7. Band. Weimar, 1816. (S. 396ff); G.K. Nagler – Neues Allgemeines Künstler-Lexikon. 3. Auflage. Band 24. Leipzig, 1936. S. 115; Thieme-Becker – Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Leipzig, 1942. Band 35, S. 370; Marina und Horst Moritz – Das Fürstentum Erfurt und die Herrschaft des grossen Kaisers. Leben und Sterben in bewegter Zwit. (1806-1814). Erfurt, 2006.

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